Nach dem Völkermord: Ausgrenzung und Kampf um Anerkennung

Der Holocaust bedeutete für die Minderheit der Sinti und Roma einen tiefen Einschnitt. Viele Sinti- und Roma-Familien wurden in den Jahren der NS-Diktatur fast völlig ausgelöscht. Die Überlebenden waren körperlich und seelisch gezeichnet von Verfolgung und KZ-Haft. Doch die neu gegründete Bundesrepublik verweigerte ihnen die moralische und rechtliche Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus ebenso wie eine materielle Entschädigung.

Über Jahrzehnte hinweg blieb der Völkermord an den Sinti und Roma vom öffentlichen Gedenken ausgeschlossen. Es fand weder eine politische noch eine juristische Auseinandersetzung statt. Die Zerrbilder der NS-Propaganda lebten nach 1945 ungebrochen fort. Die ehemaligen Täter aus dem SS- und Polizeiapparat konnten in Behörden oder in der Wirtschaft ungehindert Karriere machen.

Erst die Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma hat diese Kontinuitäten zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte gemacht. In langwierigen Auseinandersetzungen ist es gelungen, in Politik und Gesellschaft einen Bewusstseinswandel herbeizuführen und einen anderen Blick auf die Minderheit zu etablieren.

Trotz dieser Erfolge bleiben tief verwurzelte Vorurteile bis heute wirkungsmächtig. Im Zuge des politischen Wandels nach 1989 kam es insbesondere in den postkommunistischen Staaten zu einem Wiederaufleben rassistischer Denkmuster und zu einer massiven Zunahme von Gewalt gegen Roma.